Google Street View ist gerade unterwegs in Mainz – mit einem weißen, mit Werbung beklebten Opel Astra mit Kameraausrüstung auf dem Dach.
Die Allgemeine Zeitung schreibt, dass die Fahrzeuge laut Aussage von Google bloß zur „Optimierung von Google Maps“ unterwegs seien. Dabei werden Einbahnstraßenschilder erfasst und auch lokale Geschäftsnamen auf Richtigkeit überprüft. Sollte es in nächster Zeit doch zu einer 360°-Erfassung in Mainz kommen, können Einwohner mit Hilfe eines Formulars, das dann auf der Homepage der Stadt heruntergeladen werden kann, Widerspruch gegen die Aufnahmen einlegen. Dieser Widerspruch muss allerding in den ersten sechs Wochen nach der Veröffentlichung bei Google eingehen.
Google Street View existiert bereits seit Juni 2007 und hat sich seitdem mit seinen 360°-Panoramabildern nicht nur Freunde gemacht. So liefen beispielsweise Datenschützer Sturm, vor allem wegen Aufnahmen von Personen, Privatwohnungen und -häusern.
Mittlerweile werden Personen und Autokennzeichen unkenntlich gemacht und Aufnahmen von Privatwohnungen und -häusern konnte via Onlineformular widersprochen werden.
Jetzt hat auch Microsoft mit Bing Streetside einen neuen Kartendienst gestartet, der seit dem 23. Mai 2011 Aufnahmen in Deutschland macht. Auch hier nutzt Microsoft eine ähnliche Strategie wie Google, denn bis zum 30. September 2011 gibt es hier ein Formular mit welchem man der Aufnahme vom eigenen Haus/Wohnung widersprechen kann. Um nicht direkt eine Front gegen sich aufzubringen, setzt Microsoft auf transparente Kommunikation: so kann man beispielsweise hier den aktuellen Routenplan einsehen.
Ob solche Kartendienste positiv oder negativ zu bewerten sind, bleibt jedem selbst überlassen. Befürworter sagen, dass Google nur die Realität abbildet, die jeder auch selbst vor Ort sehen könnte. Sie sprechen dabei von den Landkarten des 21. Jahrhunderts. Auch die Privatsphäre wird ihrer Meinung nach gewahrt, da Personen und Kennzeichen unkenntlich gemacht werden und den Aufnahmen grundsätzlich widersprochen werden kann.
Der Gesetzeslage in Deutschland zufolge darf sich außerdem jede Person im öffentlichen Raum frei bewegen und Fotos machen („Panoramafreiheit“). Wieso sollte das im Internet anders sein?
Gegner sehen hingegen den Datenschutz und die Privatsphäre in Gefahr – beispielsweise, wenn Personen unkenntlich gemacht werden sollen: Google nutzt eine automatische Software, die keine hundertprozentige Sicherheit bietet, dass die Personen danach auch wirklich unkenntlich gemacht sind. Daneben sehen Kritiker eine hohe Missbrauchsgefahr in Richtung der Kriminalität. Einbrecher etwa könnten vorher genau auskundschaften, wie der einfachste Weg zum Inventar ist.
Die juristische Grauzone, in der sich Google Street View bewegt, sehen die Gegner naturgemäß kritisch: Die 360°-Kameras von Google Street View sind in einer Höhe von über 2,50 Meter montiert. Damit können sie über Gartenzäune und Hecken hinweg Aufnahmen machen und zeigen, was oder wer sich dahinter verbirgt. Ist das wirklich noch ein öffentlicher Blickwinkel?
Die Panoramafreiheit, die aus § 59 Urhebergesetz resultiert, gibt zwar keine genaue Höhe vor, es wird aber von der Größe eines Menschen ausgegangen. Die Höhe zum Fotografieren von 2,50 Meter könnte so aber auch von einem Menschen erreicht werden, der die Kamera über den Kopf hält. Das Kriterium der „Öffentlichkeit“ des Ortes spielt eine weitere wichtige Rolle. Der Aufnahmeort muss frei zugänglich sein und in Gemeingebrauch stehen. Außerdem muss der Aufnahmestandort allgemein zugänglich sein. Eine Aufnahme von einem anderen Gebäude aus wäre beispielsweise nicht zulässig.
Google plant derzeit nach eigener Aussage wohl keine weiteren Aufnahmen in Deutschland. Die bisherigen Aufnahmen konzentrieren sich nur auf die Stadtzentren der Metropolen und Großstädte wie Berlin, Hamburg oder München. Eine Folge des Widerstandes aus breiten Teilen der Bevölkerung oder der juristischen Situation in Deutschland?
Bei so vielen Auslegungsarten und juristischen Grauzonen ist wohl jedenfalls eines sicher: Google Street View wird sowohl die Juristen als auch die Stammtische wohl noch eine Weile beschäftigen.